Soave, eine Weinregion im altbekannten Vermarktungsdilemma

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Eigentlich sind alle Zutaten vorhanden, um aus dieser Ecke der Weinwelt ein Erfolgsrezept zu machen: ein mittelalterliches italienisches Städtchen, ein einfacher Name, weinbaulich interessante Böden mit Vulkanverwitterung und Kalk, begünstigte Lagen und etliche ambitionierte Winzer. Doch neunzig Prozent des Weißweins aus der Region Soave im Veneto fristet ein imageschädigendes Dasein als sogenannter Eckartikel in den deutschen Discountern zu Endverbraucherpreisen um die 2,- Euro. Zumeist aus einer Schwemmlandebene südlich des qualitativ viel besseren Classico-Gebiets mit hohen Erträgen aus der Massenträgersorte Trebbiano Toscano, manchmal auch aus der wesentlich hochwertigeren Sorte Garganega oder aus beiden hergestellt. Früh und maschinell gelesen, handwerklich in Ordnung, neutral und etwas säuerlich, für eine anspruchslose Schorle reicht´s. Da spricht der preisaggressive deutsche Markt und die „Geiz ist geil“-Mentalität, die der deutsche Weinkäufer nicht so schnell ablegt.

Abendstimmung über dem mittelalterlichen Soave

Nun ist das ja kein Einzelfall. Etlichen anderen, einst renommierten Herkünften aus dem Weinland Italien geht es ja leider genauso, siehe Barolo oder Chianti. Doch finden sich von diesen Weinen bei engagierten Händlern immer noch etliche hochpreisige und hochwertige Beispiele (beispielsweise kann Barolo nicht billig sein!), die die Demolierung des Rufs dieser Klassiker noch nicht ganz zugelassen haben. Doch beim Soave: fast komplett Fehlanzeige. Bis auf Beispiele wie bei Jacques´-Wein-Depot, wo der Soave seit Jahrzehnten eine Standardsäule des Sortiments (wenn auch mit eher geringen Umsätzen) ist, muss der Liebhaber schon fleißig suchen, um tolle Erzeuger wie Pieropan, Anselmi, Coffele oder etwa den Biodynamiker Filippi zu finden.
Dabei lohnt es sich wirklich, diesen Weinen viel mehr Aufmerksamkeit zu schenken, als es der profane „Kenner“ macht. Man sollte mindestens Weine mit der Zusatzbezeichnung „classico“ oder der relativ neuen Unterzone „Colli Scaligeri“, evtl. noch mit dem Zusatz „superiore“ (mit allerdings höherem Alkoholgehalt) suchen, die aus eng begrenzten Einzellagen von den vulkanischen Hügeln stammen. Natürlich aus der Qualitätsrebsorte Garganega, deren Wuchsfreudigkeit allerdings gezähmt werden muss, gekeltert. Eine Lagenbezeichnung bzw. eine Unterzonenbezeichnung wie „Rugate“, „Castelcerino“ oder „Fittá“ auf dem Etikett ist gut und wird als Qualitätsmerkmal immer häufiger verwendet.

Der Stil der besten Weine ist zumeist „modern“ trocken, ohne die Herkunft zu verleugnen, mit einer von reichlich Mannoproteinen gestützten „Süffigkeit“. Dese zeigen eine feine, vibrierende Würze, eine reife, milde Weinsäure und ein ganzes Spektrum (je nach Boden) von kräuterigen und nussigen, aber auch floralen Aromen und oft einen guten Nachhall. Viele der besseren Exemplare verfügen über eine respektable Entwicklungsfähigkeit, von der ich mich beim Soave-Preview 2013 vor Ort überzeugen konnte, sie zeigen dann eine beachtliche komplexe Aromenstruktur, wirken aber immer noch relativ frisch. Die Reben werden in der traditionellen Pergola-Erziehung kultiviert, doch sieht man immer häufiger auch Rebflächen mit Spaliererziehung wie in Deutschland.

Es gibt auch einige interessante restsüße Dessertweine („Recioto di Soave“), die unter Verwendung teilgetrockneter Trauben hergestellt werden, deren Süße oft gut mit der feinen Würze der Garganega-Traube spielt. Eine Auswahl meiner trockenen Lieblinge: Pieropan („La Rocca“), Sandro de Bruno („Monte San Piero“ und der Sekt „Durello“ aus der autochthonen Rebsorte Durella), Le Battistelle („Roccolo del Durlo“), Inama („Foscarino“), Azienda Agricola Pra („Montegrande“), Vicentini Agostino („Il Casale“), Coffele („Alzari“), Fattori („Motto Piane“), Monte Tondo („Foscarin Slavinus“) oder Filippi („Vigne della Bra“). Selbst die große Genossenschaft Cantina de Soave erzeugt in ihrem breitgefächertem Programm neben der üblichen, technisch soliden Discounterware mit ihrer Toplinie Rocca Sveva, deren Trauben nur aus den im Norden des Anbaugebiets gelegenen Hügellagen kommen, eine recht ansprechende Qualität.

Ich habe auch sehr attraktive Sekte mit feiner Perlage und einiger Eleganz, hergestellt in traditionellem Flaschengärverfahren, speziell von Marcato, Sandro de Bruno und Fongaro probiert. Diese Weine (und auch die Sekte) passen natürlich hervorragend zu den Landesprodukten wie Sopressa (eine grobe Wurst aus Schwein), zu einem Risotto (evtl. mit grünem Spargel), zu Pasta oder zum sanft-pikanten Monte-Veronese-Käse. In heimischen Gefilden würde ich von Spargel über Süßwasserfisch bis zu mittelwürzigem Hartkäse so Einiges dazu genießen. Auf der Terrasse geht Soave selbstverständlich auch. Natürlich kosten diese (bei gut sortierten Versendern) auch in Deutschland erhältlichen Weine schon etwas mehr als 2,- Euro. Doch die Preise, die in der Regel dann zwischen 8,- und 16,- Euro liegen, sind völlig angemessen für diese authentischen Erzeugnisse, die genauso unverwechselbar wie etwa die weitaus renommierteren Weißweine aus dem Friaul sind.