Ist nach der „Rosé-Revolution“ noch alles prima bei der Chiaretto Anteprima ?

Ist nach der „Rosé-Revolution“ noch alles prima bei der Chiaretto Anteprima ?

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Ah, der Gardasee…das Wasser, das Licht und überhaupt…er ist einer DER Italien-Seen der Deutschen, die die immer noch idyllische Gegend im Sommer regelrecht überfluten. Und um ein ordentliches Quantum der dort produzierten Chiaretto-Rosés und des süffigen Bardolino-Rotweins seiner Bestimmung zuzuführen.

Wie jedes Jahr lud das dortige Konsortium Fachleute aus aller Welt zur Verkostung des neuen Jahrgangs, der Anteprima, in den malerischen Ort Lazise am Ostufer des Gardasees ein. Immer ist eine Gastregion eingeladen, diesmal waren 14 Erzeuger aus Apulien mit ihren Rosatos aus dem Salento anwesend.

Gut organisiert war das Ganze, mit Blind Tastings die Weine wurden von Mitgliedern der italienischen Sommeliervereinigung in vollem Ornat ausgeschenkt, mit Degustationen der (meist passablen) Spumanti, mit Vertikalproben einiger Produzenten und mit einer öffentlichen und sehr gut besuchten Präsentation mit allen Winzern.

Trotz (oder wegen) der touristischen Attraktivität der Region ist das Niveau der Speisen, überhaupt der Landesprodukte wie etwa die formidablen Käsesorten, recht hoch, das erfreut den Genießer und spielt natürlich den Weinen in die Karten. So passen die Chiaretto-Rosatos gut zum Risotto und zu allen möglichen Antipasti, der eher leichte Bardolino geht sehr gut zu Fischgerichten und natürlich zur allgegenwärtigen Pasta. So gibt es im nahegelegenen Ort Valeggio sul Mincio ein Restaurant, das sich auf wahrlich göttliche Tortellini in allen erdenklichen Variationen spezialisiert hat.

Alles scheint soweit im Lot, doch der nationale und internationale Weinmarkt ist volatil, preissensibel und hart umkämpft. Nun kämpft das zuständige Consorzio tutela vino Bardolino mit: Dieses Jahr wurde die „Rosé-Revolution“ ausgerufen ! Wie der rührige Kommunikationsdirektor des Consorzios mit seinen 68 Produzenten, Angelo Peretti, erläuterte, soll sich der Stil ändern: „Wir wollen mehr frische Fruchtsäure in den Rosatos, wir wollen statt der bisher dominierenden Kirsch- und Erdbeeraromen mehr Zitrus im Aromenspektrum haben und deswegen lesen wir früher“. Die Zitrusaromen seien in der Rebsorte Rondinella, die eine von mehreren zugelassenen Sorten im Rebsortenmix des Chiaretto-Weines ist, sowieso schon angelegt. Persönlich würde ich jedoch die Rebsorte Corvina mit ihrer eleganten Aromatik (rote Grapefruit, Veilchen und Rosenblätter) als Leitrebsorte im Cuvée favorisieren, was auch viele Winzer schon machen. Also müsste die „neue“ Aromatik nun nur noch „herausgekitzelt“ werden. Tatsächlich ist dieses Bemühen sensorisch in vielen Weinen zu erkennen. Nur kommt im Laufe der zahlreichen Degustationen der Verdacht auf, daß dieses Vorgehen eher einer gewissen Notwendigkeit, den Witterungsbedingungen gerecht zu werden, geschuldet ist. 2014 war nämlich in vielen Regionen Italiens alles andere als ein gutes Weinjahr (einer alten Regel folgend aber ein sehr gutes Trüffeljahr !). Nasse, unbeständige Witterung und diverse tierische Störenfriede machten folglich eine zeitlich frühere Lese als sonst notwendig. Dann gibt´s eben mehr Säure und auch mehr Zitrus am Gaumen. Vielleicht hat da gerade Mutter Natur eine Revolution ausgerufen ?

Nun ja, unterm Strich ist es wie überall: gute Produzenten machen dank ihrer Sorgfalt und Erfahrung auch in einem schwierigen Weinjahr ordentliche Weine, bei anderen bleiben viele Wünsche offen. Dies gilt natürlich auch für die verkosteten Bardolino-Weine (wo es mittlerweile höherwertige Cru-Lagen gibt) wie auch für die Rosatos aus dem Salento, deren beste Vertreter mit feinwürzigen Aromen gefallen konnten. Vor Ort sind diese einfach zu verstehenden Weine angesichts des Landschaftspanoramas und der authentischen Küche trotzdem oft eine Freude. Nach Deutschland importieren müssen diese Weine aber nur ausgesprochene Gardasee-Fans oder Liebhaber, die etwas Abwechslung suchen.

Empfehlenswerte Weingüter

Chiaretto:

– Le Fraghe (das Weingut wird von der klugen Matilde Poggi geführt, die auch bemerkenswerten Bardolino herstellt), www.fraghe.it

– Guerrieri Rizzardi (dieser Chiaretto hat pfeffrige Würze, da gibt´s auch guten Bardolino sowie sehr guten Valpolicella Amarone Classico und Valpolicella Classico Superiore Ripasso), www.guerrieri-rizzardi.it

– Vigneti Villabella bzw. Villa Cordevigo (das Weingut des Präsidenten des Consorzios, Franco Cristoforetti, hier gibt´s recht typischen Bardolino und guten Rosso Veronese Villa Cordevigo, die Villa ist übrigens ein antikes, schloßartiges Anwesen und nun ein top-restauriertes 5-Sterne-Hotel, leider habe ich dort nicht übernachtet…), www.vignetivillabella.com

– Zenato (das ist ein recht großer Laden, der aber verlässlich gute Qualität erzeugt, auch mit Bardolino und dem momentan populären Lugana), www.zenato.it

Bardolino (außer den oben erwähnten):

– Giovanna Tantini (wird von der von der energischen gleichnamigen Inhaberin geleitet, die ihre Weine immer erst im Folgejahr in Verkehr bringt), www.giovannatantini.it

Salento Rosato:

– Rosa del Golfo (das Weingut wird vom Gemütsmenschen Damiano Calò geleitet, für mich der beste der Salento-Rosatos), www.rosadelgolfo.com